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Das Kurdenproblem im Nahen Osten - Volk ohne Staat

Kurdisches Siedlungsgebiet nach der CIA, 1992 Völkermorde, Landraub, Deportationen, erzwungene Assimilation und Unterdrückun...



Kurdisches Siedlungsgebiet nach der CIA, 1992

Völkermorde, Landraub, Deportationen, erzwungene Assimilation und Unterdrückung der Kultur– das gibt einen kleinen Überblick von dem, was das kurdische Volk in den letzten 80 Jahren erleiden musste.

Im Jahre 2011 leben 25 Millionen Kurden in vier Staaten geteilt: Syrien, Iran und den beiden größten Siedlungsgebieten, dem Irak und der Türkei. Weitere Hunderttausende leben in der Diaspora.
Der Traum von Selbstbestimmung und einem eigenen, kurdischen Staat ist mehr als 100 Jahre alt. 
Im Irak hat sich dieser Traum im Jahre 2005 mit der Errichtung der Autonomen Region Kurdistan praktisch erfüllt, theoretisch gehört diese Region jedoch noch immer zum Irak.
In unseren revolutionären Zeiten kämpfen nun auch die Kurden in der Türkei für mehr Autonomie.
In Syrien haben Aktivisten eine „kurdische Intifada“ ausgerufen, während im Iran die kurdischen Nationalisten den bewaffneten Kampf gegen den Staat verloren haben.
Zeit, um einen genauen Blick in das „Kurdenproblem“ des Nahen Ostens zu werfen.

Die Vorgeschichte

Die Entstehung des kurdischen Volkes und der kurdischen Sprache sind historisch nicht eindeutig geklärt.
Die Vorfahren der Kurden lebten wohl schon vor 4000 Jahren in Mesopotamien.
Eine sumerische Steinschwelle aus diesem Zeitraum erwähnt die Region „Kardaka“.
Während der islamischen Expansion wurden die kurdischen Siedlungsgebiete von muslimischen Truppen erobert, in den nachfolgenden Jahrhunderten gab es mehrere kurdische Herrschaftsdynastien und kurdische Fürstentümer, aber nie einen kurdischen Nationalstaat.
Es gab bei den muslimischen Völkern kein ausgeprägtes Nationalbewusstsein, vor 1918 gab es auch keinen „türkischen“ oder „arabischen“ Staat, da waren die Kurden keine Ausnahme. 
Während der Jahrhunderte wurden sie in verschiedene Regionen angesiedelt, so das sich das Gebiet, das man später „Kurdistan“ nennen sollte, vergrößerte.



Im 19.Jahrhundert entstand schließlich ein kurdisches Nationalbewusstsein, der zu mehreren blutigen Aufständen führte.
Im Jahre 1897 wurde das „Erste Kurdische Nationalkomitee“ und die Zeitung Kurdistan gegründet.
Während der Revolution der Jungtürken entstanden weitere Kurdenkomitees und Zeitungen, die den kurdischen Nationalismus propagierten.
Die Jungtürken verfolgten eine armenier- und kurdenfeindliche Politik, sie wollten einen reinen Türkenstaat errichten. Im Ersten Weltkrieg trat das Osmanische Reich an der Seite Deutschlands in den Krieg ein.
Die türkischen Nationalisten nutzten den Krieg als Vorwand, um in einem der schlimmsten Völkermorde der Geschichte etwa 1,5 Millionen Armenier zu töten und weitere Hunderttausende zu vertreiben, so dass die über 1000 Jahre währende armenische Präsenz im Nordosten der Türkei schlagartig beendet wurde. 
Hier liegt jedoch ein weniger ruhmreicher Teil der kurdischen Geschichte:
Viele kurdische Stämme beteiligten sich an den Massakern.
Und das, obwohl auch sie zu Tausenden vertrieben wurden.

Nach 1918: Die „Erfindung des kurdischen Volkes“?

Nach dem der Krieg verloren war, schlossen die Siegermächte den Vertag von Sèvres, indem den Kurden das Selbstbestimmungsrecht (und damit de facto ein eigener Staat) versprochen wurde. Gleichzeitig sicherten sich die Franzosen den süwestlichen und die Briten den südöstlichen Teil Kurdistans, die zu den heutigen Staaten Syrien und Irak gehören, als Mandatsgebiete.
Die türkischen Nationalisten unter Mustafa Kemal „Atatürk“ (Vater der Türken) wollten die Bedingungen des Vertrags von Sèvres nicht akzeptieren und entschlossen sich zum Widerstand.
In den folgenden drei Jahren wurden die Besatzungsmächte geschlagen.
Durch die massenweise Vertreibung der Griechen und Völkermorden an den Aramäern, Assyrern und Chaldäern wurde das türkische Territorium weiter ethnisch gesäubert.
Am 23.Juli wurde im Vertrag von Lausanne das neue und bis heutige bestehende türkische Territorium festgelegt, am 29.Oktober dann offiziell die Republik Türkei gegründet, der erste türkische Nationalstaat der Geschichte.

In der türkischen Verfassung wurden die Kurden nicht mal als ethnische Minderheit bezeichnet.
Sie fühlten sich übergangen und führten mehrere Aufstände wie der Koçgiri-Aufstand 1920, der Scheich-Said-Aufstand von 1925, der Ararat-Aufstand 1930 oder dem Dersim-Aufstand 1938, denen Zehntausende zum Opfer fielen.
Die türkische Regierung machte keine Anstalten, den Kurden mehr Rechte einzugestehen, stattdessen wurden rassistische Gesetze erlassen, um ihren Widerstand zu brechen und sie zwangsweise zu assimilieren.
Im Jahre 1945 wurde die kurdische Nationalkleidung, der Sal Sapik und der Gebrauch der Sprache in der Öffentlichkeit verboten, im Jahre 1967 wurde die kurdische Sprache erneut verboten, ebenso wie kurdische Musik, kurdische Literatur und Zeitungen.
Offiziell gab es nicht mal eine „Kurdenfrage“, die Existenz eines kurdischen Volkes wurde jahrzehntelang staatlicherseits geleugnet.
Zusätzlich wurden zahlreiche Ortsnamen türkisiert, kurdische Parteien mehrfach verboten und kurdische Politiker inhaftiert, dutzende von ihnen ermordet.

Auch im Iran gab es in den 1920ern und 1930ern mehrere Aufstände von Kurden, die u.a. von Simko Aga angeführt wurden.
Sie wurden alle niedergeschlagen. In den 1940ern versuchten kurdische Anführer nach der Landung von sowjetischen und britischen Truppen einen eigenen Staat zu gründen.
Der einzige kurdische Staat der Geschichte, die Republik Mahabad, bestand zwischen 1946 und 1947. 
Er wurde von der kurdischen Bewegung Komeley Jiyanewey Kurd unter der Führung von Qazi Mohammed ausgerufen.
Doch es gelang der persischen Armee schnell, das Gebiet zurückzuerobern, da die alliierten Truppen sich aus dem Iran zurückzogen und der Machtbereich der Republik sich auf nur vier Städte beschränkte.

Danach gab es mehr als dreißig Jahre einen Burgfrieden mit Teheran, obwohl die Kurden nicht die gleichen Rechte genossen wie die persische Bevölkerungsmehrheit.
Nach der Islamischen Revolution flammten die Konflikte wieder auf, da Khomeini ihnen keine Autonomie zusicherte.
Die Regierung sprach nicht von ethnischen Gruppen, sondern nur von der islamischen Glaubensgemeinschaft.
Im Jahr 1979 wurden kurdische Dörfer und Städte wie Mahabad bombardiert.
Darüber hinaus ermordeten iranische Agenten kurdische Politiker im Ausland, wie Abdul Rahman Ghassemlou bei einem Attentat in Wien am 13.Juli 1989 (die Tatverdächtigen konnten nach massivem Druck Irans auf die österreichischen Behörden unbehelligt ausreisen, einer von ihnen wurde sogar unter Polizeischutz zum Wiener Flughafen eskortiert) und dem Mykonos-Attentat am 17.September 1992 in Berlin, bei dem 4 kurdische Politiker erschossen wurden.

Der PKK-Konflikt in der Türkei

Die Türkei erlebte in den Jahrzehnten nach Atatürk schwere politische Probleme. Islamisten kamen ins Parlament, wirtschaftliche Probleme erschütterten das Land, der Gewalt von Links- und Rechtsextremen fielen Tausende zum Opfer.
In den Jahren 1960-61, 1971-73 und 1980-83 kam es drei Mal zu Militärregierungen, da die Militärführung das „demokratische System“ in Gefahr sahen.
Das Militär sah sich vor allem als „Hüterin des Kemalismus“, der Trennung von Staat und Religion. Hunderttausende Menschen wurden verhaftet, Todesurteile verhängt und Freiheiten eingeschränkt. 
Durch eine weitere Intervention des Militärs wurde die Regierung des Islamisten Erbakan im Jahre 1997 aufgelöst und dessen Partei verboten.

Am 15.August 1984 startete die sechs Jahre zuvor gegründete „Kurdische Arbeiterpartei“ (PKK), die als Terrororganisation eingestuft wird, einen bewaffneten Aufstand gegen den türkischen Staat, aber auch gegen Kurden, der man Zusammenarbeit mit dem Staat bezichtigte.
Bis zum Jahr 1999 dauerte der türkisch-kurdische Krieg, der mit der Verhaftung des PKK-Führers Abdullah Öcalan endete, aber die Gewalt ist keineswegs beendet worden.
Zeitweise kämpften 200.000 Soldaten, 70.000 Polizeibeamte, 25.000 sogenannte Dorfschützer und 1.500 Anti-Terror-Spezialisten gegen die PKK.
Im Juni 2010 wurde errechnet, dass durch den Krieg bis jetzt 42.000 Menschen getötet wurden, darunter 29.700 PKK-Kämpfer, 6.653 Sicherheitskräfte und 5.569 Zivilisten.
73 kurdische Kinder wurden seit dem Jahr 2002 laut der Initiative „Bir Göz Sen Ol“ von Sicherheitskräften getötet, in den letzten 20 Jahren waren es 477.

Dem Bericht einer Untersuchungskommission des türkischen Parlamentes von 1998 zufolge wurden insgesamt 3.428 Dörfer zerstört und 3 Millionen Kurden zu Flüchtlingen, im Jahr 2009 waren es immer noch 1 Million.
Zahlreiche Untersuchungen von Nichtregierungsorganisationen und eine Erhebung einer Parlamentskommission im Jahre 1997 ergaben, dass die PKK für die Zerstörung von 10% der Dörfer verantwortlich ist.
Außerdem wurden 2.200 von 5.000 Schulen und 740 von 850 Gesundheitsstationen geschlossen.
Hinzu kamen Maßnahmen des Staates wie Weideverbot oder Verminung der Almwege.
Tausende kurdische Politiker wurden verhaftet.
Nicht zu vergessen ist die fortdauernde Unterdrückung der kurdischen Kultur:
Kurdische Medien waren bis zum Jahre 1991 verboten.
Die kurdische Sprache ist an staatlichen Schulen bis heute verboten, ein Kurdischverbot für Politiker sorgte dafür, dass Leyla Zana, die ihren Amtseid auf Kurdisch gesagt hatte, für 10 Jahre ins Gefängnis musste.

Alleine in der Stadt Diyabarkir hat sich die Zahl der Einwohner durch die Masse an kurdischen Flüchtlingen auf geschätzte 1 Million verdreifacht.
Die Stadt ist so arm wie in manchen Entwicklungsländern.
Viele Kurden haben sich radikalisiert und unterstützen die PKK, ihre Gegner werden angefeindet. Nach Angaben der „Gesellschaft für bedrohte Völker“ waren im Jahr 2003 80% der Flüchtlinge arbeitslos. Häufig sind es die Kinder, die arbeiten:
Schuhe putzen, Müll sammeln, Brot verkaufen. 42 % der Flüchtlinge hatten keinen Zugang zu reinem Trinkwasser, noch einmal soviel hatten keine Heizung.
63 % mussten ohne Elektrizität auskommen.
42 % der erwachsenen Vertriebenen waren Analphabeten, ein Viertel der Kinder ging gar nicht zur Schule.
82 % klagten über gesundheitliche Probleme und mangelnde medizinische Versorgung.
In den Elendsvierteln drohen immer wieder Epidemien von Infektionskrankheiten wie Durchfall, Tuberkulose und Hepatitis. 78% waren unzureichend ernährt.
Ein Bericht der UNO bezeichnete die Maßnahmen der Türkei als „längste gegen eine große Bevölkerungsgruppe gerichtete Menschenrechtsverletzung“.

Im Jahr 2003 gab es nach Auskunft der beiden führenden türkischen Menschenrechtsorganisationen, „Menschenrechtsverein“ (IHD) und „MazIum-Der“, in Südost - und Ostanatolien 84 extralegale Hinrichtungen, 502 Fälle von Folter, 574 widerrechtliche Verhaftungen und 42 Fälle von konfiszierten Publikationen.
Willkürliche Durchsuchungen und Verhaftungen sind an der Tagesordnung.
Das Tragen einer PKK-Flagge kann zu mehreren Jahren Haft führen.
Die Bedingungen in den Gefängnissen sind oft menschenunwürdig.

Kurden unter den Baathisten- „Arabisierung“, Deportationen und Völkermord

Der Irak wurde 1932, Syrien 1946 unabhängig.
Die kurdische Minderheit war von Anfang an ein Instabilitätsfaktor für die jungen Staaten.
Osman Sabri gründete im Jahre 1957 die Demokratische Partei Kurdistan-Syrien (DPKS), die sich die Rechte der Kurden sowie wirtschaftlicher und demokratischer Fortschritt auf die Fahne geschrieben hatte.
Die Partei blieb verboten, und viele wurden wegen Separatismus verhaftet.
Für die Kurden fatal wurde die Erstarkung des arabischen Nationalismus.
Am 13.November 1960 wurde ein Kino in Amouda, in dem sich über 300 kurdische Schulkinder befanden, verbrannt.
Die „Vereinigte Arabische Republik“ hatte nur drei Jahre (1958-61) Bestand, im Jahre 1961 erklärte sich Syrien zur selbstständigen „Arabischen Republik“. 
Man beschloss, dass die Minderheiten „arabisiert“ werden mussten, ein ähnlicher Vorgang wie bei der „Türkisierung“.
Im Jahre 1963 übernahm die sozialistische Baath-Partei die Macht. Sie führte die Arabisierungspolitik- bis heute- fort.

Die Arabisierung bedeutete die vollständige kulturelle Unterdrückung der Kurden.
Im Jahr 1962 wurden 120.000 Kurden mit hanebüchenen Begründungen die syrische Staatsbürgerschaft entzogen.
Angeblich seien sie illegale Einwanderer aus der Türkei. Ihnen wurde auch das Stimmrecht, Landbesitz oder staatliche Anstellungen verwehrt.
Zu dieser Zeit unterstützen die Syrer auch den Kampf der Iraker gegen die Kurden während der Barzani-Revolte.
Bis heute ist die kurdische Sprache verboten, Kurden dürfen ihren Kindern keine kurdischen Namen geben, keine Geschäfte unter nicht arabischen Namen eröffnen, keine privaten kurdischen Schulen gründen und keine kurdischen Bücher oder andere Schriften veröffentlichen.

Im Jahre 1973 begann die Deportation von Tausenden kurdischen Familien aus dem Nordosten Syriens.
Die Regierung beschloss, einen „Arabischen Gürtel“, der 300 km lang und 10-15 km breit war, zu errichten.
Die dort ansässigen kurdischen Bauern wurden vertrieben, sie wurden entschädigungslos enteignet. 
An ihrer Stelle wurden arabische Bauern angesiedelt. 
In den Jahren 1986 und 2004 kam es zu Unruhen, Hunderte kurdische Politiker wurden verhaftet und Parteien verboten.
Die Politik von Hafiz al-Assad unterscheidet sich kaum von seinem Sohn und aktuellen Machthaber Bashar.
Paradoxerweise wurde ausgerechnet die PKK jahrelang von Syrien unterstützt, indem man ihren Kämpfern und ihrem Anführer Öcalan bis zum Jahre 1998 Unterschlupf bat.

Noch schlimmer erging es den Kurden im Irak.
Zwar war der Irak der erste Staat mit einer beträchtlichen kurdischen Minderheit, der in einem Verfassungsdokument 1958 die nationalen Rechte der kurdischen Bevölkerung anerkannte.
Diese Rechte bestanden jedoch nur auf dem Papier. 
Von 1961 bis 1970 kam es zu den Barzani-Revolten (benannt nach einem kurdischen Stamm), die in der Gründung einer Autonomen Region Kurdistan führten. Diese hatte jedoch nur vier Jahre Bestand. 
Während der Kämpfe waren Tausende kurdische Dörfer verbrannt worden.
Trotz eines Vertrags von Molla Mustafa Barzani mit dem damaligen Vizepräsidenten Saddam Hussein gingen die Kämpfe bis 1975 weiter.
Auch die 1975 gegründete „Patriotische Union Kurdistan“, dessen Anführer der aktuelle irakische Präsident Jalal Talabani war, führte einen bewaffneten Kampf gegen den irakischen Staat.

Jede Waffenruhe währte nur kurz. Während des Ersten Golfkriegs erhoben sich die Kurden erneut, darunter auch fundamentalistische Milizen wie die „Islamische Bewegung in Kurdistan“, die sich später mit anderen Milizen zur „Ansar-al Islam“ zusammenschloss.
Von 1986 bis 1989 führte die irakische Regierung schließlich die sogenannte „Anfal-Operation“ durch, einen systematischen Völkermord an den Kurden und anderen Minderheiten wie den Schiiten, Assyrern, Turkomanen, Schabaken, Jesiden, Juden und Mandäer, denen etwa 182.000 Kurden und Zehntausende Angehörige anderer Minderheiten zum Opfer fielen.
Im Jahr 1983 waren bereits 8.000 Mitglieder des Barzani-Clans umgebracht worden.
Über 4.000 kurdische Dörfer wurden zerstört, 1 Million Kurden wurden vertrieben.

Nach dem Zweiten Golfkrieg errichtete die UNO schließlich eine Schutzzone für die Kurden.
Die Peschmerga, eine kurdische Miliz, deren Ursprünge bis in die 1920er reichen, übernahmen die Herrschaft über das Gebiet.
Die Kurden hofften nun darauf, endlich einen eigenen Staat gründen zu können.
Doch die Realität sah anders aus.
Saddam hinterließ zerstörte Straßen, Dörfer, Kanalisationen, vergiftete, verminte und verbrannte Fluren.
Es gab keine Industrie und keine medizinische Versorgung.
Bagdad stoppte die Einfuhren und ließ nicht einmal Lebensmittel in die Zone.
Inflation, Armut und Hunger bestimmten das Leben der Kurden.

Aus den ersten freien Wahlen in der kurdischen Autonomieregion im Jahr 1992 gingen Talabanis PUK und Masud Barzanis DPK (Demokratische Partei Kurdistans) als Sieger hervor. Sie wollten gemeinsam regieren, doch im Jahr 1994 führte ein Konflikt zur Spaltung der beiden Parteien.
Bei den Kämpfen innerhalb zwischen der PUK und der DPK kamen 5.000 Menschen ums Leben.
Der Nordwesten der Gebiete wurde von der DPK kontrolliert, der Südosten stand unter dem Einfluss der PUK. 1998 einigten sich beide Parteien auf die Unterzeichnung eines Friedensvertrages.
Die Türkei half den Kurden mit der Bedingung, dass sie sich von der PKK distanzieren (Talabani hatte sich mehrere Male mit dem PKK-Führer Öcalan getroffen). 
Mehrere Male intervenierte die türkische Armee im Irak, um die PKK zu bekämpfen und im Jahre 1998 kam es fast zum Krieg gegen Syrien, da sich der PKK-Führer Öcalan dort aufhielt.
Trotz des Abkommens war das Kurdengebiet faktisch in zwei Teile geteilt.
Es existierten in Arbil (DPK) und Suleimaniyya (PUK) zwei Verwaltungen. Neuwahlen wurden erst 2005 abgehalten.

Entwicklung der letzten 10 Jahre und der Arabische Frühling

Im Zuge des Irakkriegs unterstützen die Peschmerga die US-Soldaten und wurden dafür von den Amerikanern als besondere Verbündete behandelt. 
Nach Saddams Sturz begannen die Kurden, die Massengräber aus der Saddam-Zeit auszugraben. Über 200.000 Kurden galten damals als vermisst. 
Hunderte solcher Massengräber wurden entdeckt.
Sie wurden mit der kurdischen Flagge begraben.
In Irakisch-Kurdistan gibt es sogar einen eigenen „Tag der Massengräber“, an denen man den Opfern von Saddams Herrschaft gedenkt.
Auch politisch hat sich die Lage verbessert:
Zur Wahl eines Übergangsparlaments nach dem Sturz der Baathisten schlossen sich die PUK mit der DPK sowie weitere kleinere Parteien zur Demokratischen Patriotischen Allianz Kurdistans (auch Kurdische Allianz genannt) zusammen.

Das Wahlbündnis gewann bei der Wahl am 30. Januar 2005 25,7 % und somit 71 von insgesamt 275 Sitzen in der irakischen Nationalversammlung.
Die neu errichtete Autonome Region Kurdistan ist nun ein de facto-Staat mit eigener Hauptstadt, eigenem Parlament, Verwaltung, Währung, Amtssprache, Fahne, Nationalhymne und eigener Armee (die Stärke der Peschmerga wird auf 110.000 beziffert). Kein Soldat der irakischen Armee darf ohne Erlaubnis in die kurdischen Gebiete.
Der derzeitige Präsident ist Masud Barzani.
Die Flagge der kurdischen Autonomieregion ist in der Türkei, dem Iran und Syrien verboten.

In der Türkei wurden den Kurden unter dem Präsidenten Erdogan viele Rechte gewährt, die sie seit 80 Jahren gefordert hatten.
Kurdische Dörfer wurden wieder „kurdisiert“, der Gebrauch der kurdischen Sprache wurde erleichtert. 
Viele der kurdischen Wähler gaben ihm ihre Stimme bei den Wahlen von 2011.
Erdogan verfolgt jedoch einen ziemlich autoritären und islamisch-konservativen Kurs, kritische Journalisten werden verhaftet und das Land zunehmends islamisiert.
Im Jahre 2008 wurde gar ein Antrag zum Verbot von Erdogans AKP erlassen, da sie die Trennung von Staat und Religion gefährde, der jedoch nicht bewilligt wurde.
Im Jahre 2005 sprach Erdogan als erster türkischer Präsident öffentlich von einem „Kurdenproblem“ anstatt eines „Terroroproblems“.
Im November 2009 legte Erdogan ein 15-Punkte-Plan zur Beendigung des Kurdenkonflikts vor.
Zu den umfassenden Maßnahmen gehören die Zulassung von Kurdisch als Wahlfach in den Schulen und in der Politik, Kurdischkurse an staatlichen Unis und die Wiedereinsetzung kurdischer Städtenamen. PKK-Rebellen sollen zur Einstellung des bewaffneten Kampfes ermuntert werden, die Militärpräsenz in Südostanatolien reduziert werden. Türkische Nationalisten sprachen von „Landesverrat“.

Die politischen und kulturellen Interessen der kurdischen Minderheit werden seit 2008 durch die BDP vertreten. Ihre Vorgängerpartei, die DTP, war verboten worden.
Im April 2010 wurden 1483 Mitglieder der BDP, darunter auch Bürgermeister, wegen vermuteter Mitgliedschaft zur KCK, dem politischen Arm der PKK, verhört und ohne Anklageschrift verhaftet.
Als einzige Partei des Landes boykottierte die BDP die Verfassungsänderung, weil sie den Minderheiten des Landes erneut keine kulturelle, religiöse oder politische Rechte eingesteht, stattdessen wurde eine komplett neue Verfassung gefordert.
Am 24. März 2011 rief die Doppelspitze der BDP zu einem landesweiten zivilen Ungehorsam auf.
Man demonstrierte für das Recht auf Bildung in Muttersprache, die Aufhebung oder Verminderung der hohen 10%-Sperrklausel bei Wahlen des türkischen Parlaments, die Beendigung politischer und militärischer Aktionen gegen kurdische Organisationen und die Freilassung politischer Gefangener.
Am 14.Juli hat der Kongress für eine demokratische Gesellschaft (DTK), eine Plattform kurdischer Organisationen, in einer dramatischen Sitzung bereits symbolisch die „demokratische Autonomie“ des türkischen Kurdistan erklärt. Bei den Wahlen im  Juni hatten die BDP-Leute 15 Sitze im Parlament errungen.
Diese wurden anfänglich boykottiert, weil sechs ihrer Abgeordneten, die in Untersuchungshaft saßen, das Mandat per Gerichtsbeschluss nicht antreten durften.

Seit 2004 haben die Kämpfe zwischen der türkischen Regierung und der PKK wieder an Intensität zugenommen.
Nachdem die PKK im Juli dieses Jahres einen Waffenstillstand aufkündigte, durchzieht sie das Land wieder mit Terroranschlägen, denen mehr als 80 Menschen zum Opfer fielen.
Die türkischen Streitkräfte haben, wie bereits im Jahre 2008, in den Nordirak interveniert und dort im August 100 kurdische Rebellen getötet.
Die Iraker warfen den Türken vor, dabei auch 7 Zivilisten getötet zu haben, dies wurde von der Türkei dementiert.
Eine politische Lösung scheint in weiter Ferne, nachdem am 19.Oktober mindestens 24 Soldaten von der PKK getötet wurden- der schwerste Verlust seit 1993.
Als Reaktion hat die türkische Armee bei Angriffen 49 Rebellen getötet.

Der Arabische Frühling hat auch Kurdistan voll erreicht.
Im Februar 2011 kam es in Irakisch-Kurdistan zu Demonstrationen gegen die Korruption, fehlende öffentliche Versorgung und freier Presse gegen die Barzani-Regierung.
Einige Demonstranten wurden von der Peschmerga getötet.
In Syrien hat Präsident Bashar al-Assad den Kurden aus Angst vor den Protesten großzügige Angebote gemacht.
Die PYD, der syrischen Ableger der PKK, durfte einen kurdischsprachigen Kinderhort eröffnen, 48 kurdische Häftlinge wurden freigelassen und den Kurden in al-Hasaka bot Assad sogar die Staatsbürgerschaft an. 
Doch all das half nichts. Nach der Ermordung des kurdischen Politikers Meshel Tamo riefen kurdische Aktivisten eine „Intifada“ aus.

Im Iran sind seit Mai dieses Jahres die Kämpfe der als Terrororganisation und PKK-Ableger bezeichneten PJAK (Partei für ein Freies Leben in Kurdistan), die im Jahr 2004 den bewaffneten Kampf aufnahmen, erneut aufgeflammt.
Am 29.September gaben die iranischen Revolutionsgarden (Pasdaran) schließlich an, dass die PJAK aufgegeben hätte, nachdem 180 Rebellen getötet worden waren.
Zuvor hatte die PJAK am 5.August angegeben, über 300 iranische Soldaten getötet zu haben.
Die Iraner gaben aber nur die Zahl von 17 an, während sie in dem Einsatz, der auch im Nordirak stattfand und Tausende kurdische Zivilisten zur Flucht zwang, 150 Rebellen getötet hätten.
Der greise Anführer der PJAK, Abdul Rahman Haji Ahmadi, lebt übrigens in Deutschland, von wo er zwischenzeitlich aus sogar Kämpfer rekrutieren konnte.